how she move... oder warum ich das Kino verlassen wollte.

Der regelmäßige Sneak-Preview-Besucher ist ein ausdauernder, belastbarer Mensch, den auch ungewöhnliche Machwerke nicht abschrecken. Jemand der sich gerne auf Neues einlässt. Man könnte sagen ein Experimentierfreund. Die Sneak-Preview als solche belohnt seine Neugier und seine Ausdauer immer wieder mit Perlen der Filmgeschichte, die ansonsten in der breiten Masse verschwunden wären. Angesichts solcher Glückserlebnisse schaut der regelmäßige Sneak-Preview Besucher auch gerne über weniger unterhaltsame Filme hinweg und kann sie unter der Kategorie "Was ich sonst ganz sicher nie ansehen würde" einordnen.

Aller Belastbarkeit zum Trotz gibt es Momente die auch solch hartgesottene Filmfans an den Rand des Verzweifelns drängen. Als sich nun eine tapfere Gruppe eiserner Filmfans letztens erneut auf das Abenteuer Sneak-Preview einließen, ahnte noch niemand, dass einer jener unsäglichen Momente bevorstand.

Der Film "how she move", nicht wie der Titel vermuten lässt eine Abhandlung über englisch-sprachige Legastheniker, erzählt die Geschichte der begabten Reyanne, die von ihrer teuren Eliteschule ins Detroiter Ghetto zurückkehren muss, da ihre Eltern nach der Entzugstherapie und dem Drogentod ihrer Schwester diese nicht mehr bezahlen können.
Begleitet von anfänglichen Anfeindungen stellt sie ihre alten Freundschaften wieder her, verliert dabei ihren Traum vom Medizinstudium aber nicht aus den Augen. Nach einem (scheinbar verpatzten) Test für ein Stipendium beschließt sie das nötige Kleingeld fürs Studium in Eigeninitiative durch Step-Wettbewerbe (oder -Battles?) aufzutreiben und belastet die frisch wiedergeschlossenen Freundschaften und ihre Mutter (die sie auf den Pfaden ihrer Schwester wandeln sieht) enorm.
Nach den obligatorischen Rückschlägen, dem unvermeidbaren Einschlagen des falschen Weges, dem moralischen Fangnetz und dem unvermeidbaren Einschlagen des richtigen Weges, kann sie nicht nur den bösen Dealerfreund ihrer toten Schwester in die Schranken weisen (dissen?), sondern auch mit ihrem Jugendfreund Bishop (und natürlich zukünftigem Mann fürs Leben) den Step-Monster-Wettbewerb (wichtigster Battle) gewinnen.
Nebenbei verhilft sie dessen kleinem Bruder zur verdienten Anerkennung (Respekt), ihrer alten/neuen besten Freundin zur besseren Noten, der Ehe ihrer Eltern zu neuer Blüte und verarbeitet dabei noch den Tod ihrer Schwester.
Natürlich stellt sich schließlich auch raus, dass sie (die ja schließlich sogar quadratische Gleichungen lösen kann) auch den Stipendiumstest bestanden hat. Ende gut, alles gut.

Zumindest für Reyanne im Film. Anders muss leider die Situation des Kinobesuchers bewertet werden, der genug Schmerztoleranz beweist dieses Machwerk 98 Minuten über sich ergehen zu lassen. Einziger Grund das Kino nicht zu verlassen waren in meinem Fall schwäbischer Geiz und die Parole "Lang kanns ja nicht mehr gehen...".
Der Film errinnert an "8 Mile" oder "Stomp the yard", bleibt aber weit hinter beiden zurück, was Erzähltechnik, Schauspielleistung, etc anbetrifft. Auch hier beweist sich ein Underdog, bzw eine Underbitch (Bitch heißt übrigens auch Hündin), die sich ihren Platz im amerikanischen Ghetto gegen Vorurteile und Intrigen erkämpfen muss.
Hier wird gebattlet, gedisst und getanzt, was nach eingehender Beobachtung auf das gleiche hinaus läuft. Zusammenfassung: Benachteiligtes-junges-Ding-ertanzt-sich-seinen-Traum.

Der Film vermittelt das Bild des von Minderwertigkeitskomplexen gebeutelten, afro-amerikanischen Gesellschaftsverlierer und zelebriert dieses gerade zu. Damit wird hoffentlich nicht nur beim weißen Publikum Unverständnis geweckt.

Alles in allem: ein Film, der auf allen Gebieten enttäuscht, selbst Fans des Genres (Tanzfilm?, Gesellschaftskritik?) auf den Magen schlagen wird, und hoffentlich in keiner noch so benachteiligten Minderheit dieses Planeten eine Zielgruppe findet. Die Produktionsmittel für diesen Film wären überall sinnvoller investiert gewesen (Schulen, Hilfsprogramme, Schutzprogramm zum Erhalt des madagassischen Faultieres), nur nicht in diesen Film, der zwischen gezwungener Coolness, Sozialkritik und Steptanz in der Lächerlichkeit und hoffentlich auch Bedeutungslosigkeit versinkt.

Nettes Detail am Rande: mit einer Wertung von 1.85 (09.09.08) nimmt "how she move" im Moment den Platz 23 der schlechtesten Filme aller Zeiten im IMDB-ranking ein.

IMDB
Trailer

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