"No Country For Old Men"

Am Sonntag war er noch bei den Oscars, Montag abend bei uns im Kino. "No Country For Old Men", ein Film, der mit 4 Oscars (Film, Drehbuch, Regie, Nebendarsteller) der Gewinner des Abends war und sich nun beim erfahrenen Publikum beweisen musste.

1980 im Süden der vereinigten Staaten: Die letzten Jahre haben das Land verändert, neue Moden, Drogen und Sittenverfall stehen alten Polizisten mit Pferden und freiheitssuchenden Cowboys, die die 'Gute Alte Zeit' nie finden werden, gegenüber. Llewelyn Moss ist einer der letzteren. Er streift mit Stiefeln, Hut und Flinte durch die Prärie. Doch anstatt geschossenem Wild entdeckt er ein Massaker. Wo viel Drogen sind, ist auch Geld und das kann er natürlich gebrauchen. So macht er sich zum Ziel von Anton Chigurh, der ihn mit einem Peilsender verfolgt, auf dem Weg dorthin jedes Hindernis beseitigt und manchmal so gnädig ist, unschuldige unbeteiligte Menschen leben zu lassen. Als dritter Part spielt noch der Arm des Gesetzes in Person von Tom Ed Bell, ein in die Jahre gekommenes Mitglied einer Polizistenfamilie mehrerer Generationen, mit, der Chigurh jagt und Moss helfen will.

Die Story entwickelt sich zu einer gediegenen Verfolgungs'jagd'. Mexikaner, Drogenbarone und Auftragskiller nehmen am Rande teil, doch sie spielen alle eine untergeordnete Rolle und beenden ihr tristes Dasein meist durch unfreiwilliges Ableben. Nicht so sehr blinde und schießwütige Action begründen die Handlung, viel mehr sind es die unerwarteten Wendungen, die diesen Film ausmachen. Der Betrachter, der die Handlung mit seiner Erfahrung an konventielle Produktionen eigenmächtig vorzudenken versucht, wird ein ums andere Mal überrascht. So ist es nicht verwunderlich, dass auch am Ende nicht die Guten gewinnen und die Bösen verlieren, wenn eine derartig eindeutige Zuordnung diesmal überhaupt möglich ist.

Tommy Lee Jones nimmt wie üblich die Rolle eines moralisch einwandfreien Patrioten ein. Mit trockenem zynischem Humor und Unverständnis begegnet er den Neuerungen der Zeit. Mit der gewohnten Ruhe steht er in wohltuendem Gegensatz zu Josh Brolin, der von der äußeren Erscheinung bis hin zum kalten wenig herzlichen Benehmen gegenüber seiner Frau gut 100 Jahre zu spät lebt. Schnell und hektisch, pudelwohl in der Prärie, ratlos gegenüber einem simplen Peilsender, versucht er seine Probleme selbst zu lösen und verweigert unverbesserlich jede Hilfe, bis er schließlich symbolisch für seine aussterbende Rasse für einen Hauptdarsteller zu früh aus dem Film ausscheidet.

Der Oscarpreisträger: Obwohl Javier Bardem für die Nebenrolle ausgezeichnet wurde, ist er die zentrale Person des Filmes. Er ist Jäger und gleichzeitig Gejagter, wovon er sich nicht beeindrucken lässt. Er wurde ausgestattet mit einem für jede Epoche fürchterlichen Haarschnitt, einem Schrotgewehr mit Schalldämpfer, einem Bolzenschussgerät zum Rinderschlachten und Prinzipien, die gewöhnungsbedürftig sind, die er konsequent umsetzt und anwendet, die aber trotz aller Seltsamkeit einer einfachen Logik gehorchen. Es schadet seinem Image nicht, wenn er zeitweise die Entscheidung über Leben und Tod einer Münze überlässt, was sowieso nur bei unwichtigen unbeteiligten Personen gegenüber passiert, die er nicht leiden kann. Die unbeweglichen Gesichtszüge kennen keine Furcht oder Überraschung, nur hin und wieder taucht ein Schmunzeln auf seinem Gesicht auf, dass den Betrachter ein gewöhnliche Antwort überdenken und den Widersinn erkennen lässt. Diese moralischen Hintergründe lenken dennoch nicht davon ab, dass ein dergestaltetes Individuum in der Unwirklichkeit des Film einen gewissen Charme versprüht, aber in der Realität einen Störkörper darstellt.

Der Sneakbesucher kann sich glücklich schätzen, diesen Film direkt nach der Preisverleihung zu gesicht bekommen zu haben, alle anderen sollten sich den Kinobesuch fest vornehmen. Die Story ist einfach und voller Überraschungen, die Bilder hart und  mit Liebe zum Detail, Symbole und Metaphern stecken hinter jeder Ecke. Durch all dies spielen Tommy Lee Jones, Josh Brolin und der alles überragende Javier Bardem, sodass zu Regie-, Drehbuch- und Nebendarsteller- sich zu Recht der Film-Oscar gesellen durfte.

1 Comment »

  • Maddin says:

    Sehr gut geschrieben! Ich bin immer wieder begeistert von deinen Kritiken jolle!
    Kann diesmal nur zustimmen! Ich fand den Film auch sehr gut.

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