Der Baader Meinhof Komplex

Der Film „Der Baader Meinhof Komplex“ hat sich als Ziel gesetzt, die RAF in einem neuen, bisher eher unbekannten Blickwinkel zu zeigen. Ich möchte an dieser Stelle nicht den Inhalt des Filmes wiedergeben, denn die geschichtliche Handlung und die Gegebenheiten sind zu genüge im Internet recherchierbar (heute schon gegoogelt?). Auch andere Aspekte wie Kameraführung, schauspielerische Leistung, etc., die wichtig für die Beurteilung der Filmqualität sind, möchte auch Außen vorlassen, denn der Film möchte eine klare Aussage treffen und das ist an dieser Art Film das Wichtigste. Leider scheitert der Film bei der Erfüllung dieses Zieles auf voller Linie.

Der Film ist sehr direkt und schlank, d.h. kommt ohne unnötig lange, geschwollene Dialoge aus und verzichtet auch ansonsten auf unnötige Details. Etwas salopp gesagt, könnte man sagen, der Film gehe gleich zur Sache. Ohne große Umschweife werden die damaligen Ereignisse abgearbeitet. „Abgearbeitet“ trifft die Methodik und den Charakter des Filmes gut. Denn die erreichte Direktheit schießt weit über das Ziel hinaus, denn es werden dem Zuschauer nur die nötigsten Informationshäppchen zugeworfen, um im Groben die Handlung zu verstehen. Schließlich müssen ca. zehn Jahre RAF in wenige Stunden gepackt werden.

Den Unkundigen, denn nicht jeder hat im Geschichtsunterricht wirklich aufgepasst, insofern das Thema RAF überhaupt behandelt wurde, fehlen die Zusammenhänge und vor allem, die Motivation der einzelnen Mitglieder. Lediglich bei Ulrike Meinhof wird grob versucht, ihre Motive und Gründe zu erklären. Nur was sie wollen ist klar. Das wird aus den gebrüllten Parolen und den Texten von Meinhof ersichtlich. Etwas krass verhält es sich mit den anderen Mitgliedern der RAF. Bis auf die Kernmitglieder der RAF sind die anderen Sympathisanten und Mittäter austauschbar. Sie werden kurz gezeigt, meist wie sie Waffen verteilen oder Bomben basteln, um anschließend, nach ihren (Atten-)Taten von der Liste der RAF-Mitglieder, auf Grund von verschiedenen Anlässen wie Bleivergiftung, gestrichen zu werden. Warum haben sich diese Leute dafür entschlossen, ihr bisheriges Leben aufzugeben, um den Kampf gegen das System aufzunehmen? Aber auch näher behandelte Charaktere, wie der RAF-Anwalt, werden auf kurze und schmerzlose Art, dem Durchstreichen auf der Fahndungsliste, wieder aus der Handlung entfernt. Schnell findet man sich damit ab, dass eben ein paar Mitglieder fehlen und plötzlich neuer dabei sind. Hier wäre weniger eher mehr gewesen. Klar ist es schwer ein umfangreiches und komplexes Thema, wie das der RAF, in einen Film zu packen, allerdings wäre es meiner Meinung nach besser gewesen, sich auf die wesentlichen Dinge in einem abgegrenzten Zeitraum zu beschränken und mehr die persönlichen Motive und das Umfeld des harten RAF-Kerns zu beleuchten, um wirklich Einsicht in ihr Verhalten zu erlangen. Schließlich muss es gute Gründe dafür gegeben haben, dass sich diese gegen die herrschenden Strukturen gewandt und diesen den Kampf angesagt haben.

Das rohe Abklappern und knappe Anschneiden der einzelnen Ereignisse und der RAF-Generationen zieht sich leider konsequent durch den gesamten Film und hinterlässt den Zuschauer mit zu wenigen Fakten und Informationen über die damalige Verhältnisse und Sichtweisen, um diesem es zu erlauben, sich selbst ein eigenes Bild der Ereignisse zu machen und über die RAF zu urteilen. Wie soll man die RAF in einem neuen Licht sehen, wenn der Film diese neue Perspektive nicht Preis gibt? Diese Perspektive bleibt der Film bis zum Abspann schuldig. Ich empfehle es, denn Film nur mit wirklich umfassenden Kenntnissen der damaligen Situation anzuschauen. Wer sich neue Erkenntnisse über die RAF erhofft, wird bitter enttäuscht. So bleibt nur ein nüchterner, größten Teils oberflächlicher Film, der vieles zeigt, aber nichts aussagt.

1 Comment »

  • jolle says:

    Meine Meinung über die Gelungenheit des Films steht Roggis konträr gegenüber. Ich finde gerade, dass der Film gelungen ist, da er vor allem die geschichtlichen Abläufe widerspiegelt, die heutzutage nur bei den wenigsten zum Wissensfundus gehören. Dazu kommen die weltpolitischen Geschehnisse, um die Motive der Revolution zu verdeutlichen.
    Glücklicherweise verläuft der Film erstaunlich wertungsneutral, da er sonst zum Scheitern verurteilt wäre. Er ist nicht meinungsgebend, sondern meinungsbildend und meinungsfördernd, wobei keine klaren Sympathien für eine der beiden Seiten (wütender Polizeistaat und Rechtsstaatbürgertum entgegen studentischer Veränderungsbewegung) assoziiert werden.
    Bei der Umsetzung eines derart schwierigen Themas kann man viele Fehler begehen, zumindest in der Aussage wird hier aber alles richtig gemacht.
    Ich sehe den Film nicht als oberflächlich, sondern umfassend und weder verharmlosend noch verteufelnd.

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